Die Fahrt von Bern nach Zürich dauert im Schnellzug ungefähr
eine Stunde. Kein Grund also, nicht den Computer zu zücken und
im Zug bereits mit der Arbeit zu beginnen. Schliesslich kommt die Firma
für alle Belange der Fahrt auf. Zeit, Entgelt, Spesen.
Den neuen Schulz, Amor gegen Goliath, den ich sonst auf meinen
Pendelfahrten im Zug lese, liess ich artig zu Hause und schuf so genügend
Platz in meinem Pendlergepäckstück für Laptop, Kabel und
Mäuse.
Der Zug ist brechend voll. Ich werde den Eindruck nicht los, dass wegen
des Referendums vom Wochenende, an dem das Stimmvolk in der Schweiz
beschloss, keine neuen Autobahnen zu bauen, nun zusätzliche Leute
im Zug sind, die sich sonst individuell in ihren Karossen über
die Autobahn schieben würden.
Als Folge der nun nicht gebauten Autobahnen sprach man gestern in
Sprechstunden der öffentlichen Sendeanstalten davon, im
Bedarfsfall das Tempo auf 80 (BPM?) zu drosseln. Von gewissen Strategen
wurde diese Idee der verdutzten Hörer*innenschaft gar als
radikal-revoluzionär verkauft. In meinen Augen war das bloss ein
letzter trotziger Versuch der unterlegenen Befürwortern des
Autozäns, die Konsequenz des Volksentscheides noch ein letztes Mal mit
politisch gefärbter Aufladung zu versehen und unnötig zu dramatisieren. Als
würde mithilfe der allerorts installierten
Verkehrsleitsystemen nicht bereits längst dadurch den
Verkehrsfluss optimiert, indem die Höchstgeschwindigkeit auf
achtzig runtergeprügelt wird.
Viele, so scheint es, werden sich heute früh gesagt haben: „So nicht! Da kann ich ja gleich den Zug nehmen“.
Ob sie, hätten wir am Sonntag dem Autobahnbau zugestimmt, heute
(und bis zur Fertigstellung der verheissungsvollen neuen Fahrspuren)
wie gehabt im Stau stünden, bleibt ein Rätsel.
Kurz vor der Durchfahrt durch den Bahnhof in Olten öffnet sich die
Textdatei, an der ich arbeiten wollte und ich kann endlich damit
beginnen, daran zu arbeiten.
Dadurch, dass der Zug heute bis auf den letzten Platz mit Leuten besetzt
ist, die mit ihren Geräten Daten aus der Luft heraussaugen (?)
dauert das Aufrufen von Dateien, die auf externen Servern gespeichert sind, besonders lange. Eine Frau vom
Typ Kardiologin,
die mir gegenübersitzt und die sichtlich genervt
darauf wartet, dass Ihr Gerät eine Tabelle aus der Cloud
heruntergeladen hat, meint: „Man müsste die Datenautobahnen
entlang der
Zugstrecken unbedingt auf sechs Spuren erweitern. Dies, bevor man
beschliesst, den Infarkt auf den Autobahnen nicht zu
ballöndlen.“
In meinem elektronischen Dokument fällt mir als Erstes auf, dass
unter dem Wort Rewision eine rote Wellenlinie angezeigt wird. Ein peinlicher Rechtschreibfehler, den ich augenblicklich korrigiere. Und weil ich nicht
weiss, ob mir bis zur Ankunft Zürich, da wo ich aussteigen werde,
es schaffe, die Datei wieder ordnungsgemäss abzuspeichern und zu
schliessen, beschliesse ich, kein Risiko einzugehen und damit sogleich
zu beginnen. Im Zuge dessen beschliesse ich auch Programme und Computer
wieder ordnungsgemäss herunterzufahren und mich für den Rest der
Fahrt darüber zu ärgern, dass ich den neuen Schulz zu Hause
gelassen habe.
D J B r u t a l o @ S ç h n u l l i b l u b b e r.ç h