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28. November 2024

November Train

Zwischen den sieben Gleisen

Die Fahrt von Bern nach Zürich dauert im Schnellzug ungefähr eine Stunde. Kein Grund also, nicht den Computer zu zücken und im Zug bereits mit der Arbeit zu beginnen. Schliesslich kommt die Firma für alle Belange der Fahrt auf. Zeit, Entgelt, Spesen.

Den neuen Schulz, Amor gegen Goliath, den ich sonst auf meinen Pendelfahrten im Zug lese, liess ich artig zu Hause und schuf so genügend Platz in meinem Pendlergepäckstück für Laptop, Kabel und Mäuse.

Der Zug ist brechend voll. Ich werde den Eindruck nicht los, dass wegen des Referendums vom Wochenende, an dem das Stimmvolk in der Schweiz beschloss, keine neuen Autobahnen zu bauen, nun zusätzliche Leute im Zug sind, die sich sonst individuell in ihren Karossen über die Autobahn schieben würden.
Als Folge der nun nicht gebauten Autobahnen sprach man gestern in Sprechstunden der öffentlichen Sendeanstalten davon, im Bedarfsfall das Tempo auf 80 (BPM?) zu drosseln. Von gewissen Strategen wurde diese Idee der verdutzten Hörer*innenschaft gar als radikal-revoluzionär verkauft. In meinen Augen war das bloss ein letzter trotziger Versuch der unterlegenen Befürwortern des Autozäns, die Konsequenz des Volksentscheides noch ein letztes Mal mit politisch gefärbter Aufladung zu versehen und unnötig zu dramatisieren. Als würde mithilfe der allerorts installierten Verkehrsleitsystemen nicht bereits längst dadurch den Verkehrsfluss optimiert, indem die Höchstgeschwindigkeit auf achtzig runtergeprügelt wird.
Viele, so scheint es, werden sich heute früh gesagt haben: „So nicht! Da kann ich ja gleich den Zug nehmen“.

Ob sie, hätten wir am Sonntag dem Autobahnbau zugestimmt, heute (und bis zur Fertigstellung der verheissungsvollen neuen Fahrspuren) wie gehabt im Stau stünden, bleibt ein Rätsel.

Kurz vor der Durchfahrt durch den Bahnhof in Olten öffnet sich die Textdatei, an der ich arbeiten wollte und ich kann endlich damit beginnen, daran zu arbeiten.
Dadurch, dass der Zug heute bis auf den letzten Platz mit Leuten besetzt ist, die mit ihren Geräten Daten aus der Luft heraussaugen (?) dauert das Aufrufen von Dateien, die auf externen Servern gespeichert sind, besonders lange. Eine Frau vom Typ Kardiologin, die mir gegenübersitzt und die sichtlich genervt darauf wartet, dass Ihr Gerät eine Tabelle aus der Cloud heruntergeladen hat, meint: „Man müsste die Datenautobahnen entlang der Zugstrecken unbedingt auf sechs Spuren erweitern. Dies, bevor man beschliesst, den Infarkt auf den Autobahnen nicht zu ballöndlen.“

In meinem elektronischen Dokument fällt mir als Erstes auf, dass unter dem Wort Rewision eine rote Wellenlinie angezeigt wird. Ein peinlicher Rechtschreibfehler, den ich augenblicklich korrigiere. Und weil ich nicht weiss, ob mir bis zur Ankunft Zürich, da wo ich aussteigen werde, es schaffe, die Datei wieder ordnungsgemäss abzuspeichern und zu schliessen, beschliesse ich, kein Risiko einzugehen und damit sogleich zu beginnen. Im Zuge dessen beschliesse ich auch Programme und Computer wieder ordnungsgemäss herunterzufahren und mich für den Rest der Fahrt darüber zu ärgern, dass ich den neuen Schulz zu Hause gelassen habe.


D J B r u t a l o @ S ç h n u l l i b l u b b e r.ç h

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