Leider muss ich Euch schon wieder mit einem Bild konfrontieren, von
welchem ihr Geschriebenes ablesen müsst, um den Tatbestand des
folgenden Textes zu begreifen. Ich arbeite intensiv daran, dies in
Zukunft zu vermeiden. Schliesslich ist der Tiefpunkt dieser Unsitte
erreicht: Das Deutsche KFz-Nummernschild. Unglaublich wie viele
Kombinationen von fünf Buchstaben es gibt, welche irgendwo in der
Denkrubrik innerhalb der Kleinhirnrinde eine Regung hervorrufen die
nicht selten in lebensbedrohliche Lachanfälle kippen. Verschont
mich bitte damit.
Auf dem Weg ins beschauliche Appenzellerland
wo wir unseren Resturlaub verbringen wollten, verliesen wir mit dem
Voralpenexpress gerade den Luzerner Bahnhof. Ich hatte mein
Redegerät auf "Klugscheissen im Schwall" eingestellt und versorgte
meine beiden charmanten Reisebegleiterinnen schon seit dem Frühtau
mit Schmonsens und selbsterfundenem Weitwurfwissen.
"Gleich sehen wir den Rigi" gab ich etwas zu laut von mir. In die unheimlichen Weiten des umgebauten Eisenbahnwagens hinein.
In der Schweiz reist man nämlich oft in umgebautem Rollmaterial.
Die Eisenbahnwagen werden von den Schweizerischen Bundesbahnen
ausgemustert und von Pseudoprivatbahnen wie in dieser Geschichte von
der Schweizerische Südostbahn AG gekauft und aufgefrischt. Im
Inneren (in der Kabine würde man bei einem Flugzeug sagen) riecht
es angenehm nach abgestandenem Rauch, die Fenster lassen sich nicht
mehr öffnen und die Toiletten,
falls sie denn zugänglich sind, erstrahlen so modernisiert, dass
darauf nun auch in Bahnhöfen ordentlich Stuhl abgeschlagen werden
kann ohne den draussen herumstehenden Reisenden eine
sommersprossenähnliche Verzierung zu verpassen. Die Ausscheidungen
verschwinden nämlich mittels eines luftunterdruckerzeugenden
Tricks in einem "geschlossenen" System. Eine gute Sache finde ich.
Auch eine gute Sache sind die Fenster,
welche man nicht mehr öffnen kann. In der Schweiz wird gerne und
viel rumgeballert (jeder Eidgenoss kriegt bekanntlich vom Staat eine
handliche Handfeuerwaffe zur Selbstverteidigung ausgehändigt) und
seit in den Zügen die Fenster nicht mehr geöffnet werden
können, hat dieses "Schiessen aus dem fahrenden Zug" ein wenig an
Bedeutung verloren. Tatsächlich erholen sich nun auch wieder die
Bisonbestände entlang den Eisenbahnstrecken.
Noch bevor wir allerdings dem Rigi mit seiner pompösen
Fernsehantenne und der durch die unzähligen Bähnli
zerfurchten Oberfläche ansichtig wurden, stand einer der oben
beschriebenen Eidgenossen mittleren Alters - unerwarteterweise ohne
Waffe - in unserem Zugabteil und wies uns in lehrerhaftem Ton und
gezückter Zeigefingererektion zurecht:
"Das heisst DIE Rigi! Die Rigi ist die Königin der Berge".
Peng. Verblüft und mit demütig gesenktem Kopf nickte ich, machte einen Knicks und antwortete kleinlaut:
"Verstanden, schliesslich heisst es ja auch die Berge, wie konnte ich nur derart naiv sein".
Kriecherisch, dass es ke Gattig machte, entschuldigte ich mich bei ihm in aller Form.
Das Bild (jetzt kurz hinauf-und wieder herunterscrollen) machte ich -
unangenehm verwirrt - danach. Leider konnte ich den aufdringlichen
Zurechtweiser nicht mehr zur Rede stellen, denn er war bereits eine
Station früher, in Meggen (LU) ausgestiegen. Aber ein paar Fragen hätte ich da schon noch zu den Geschlechter der Berge...
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D J B r u t a l o @ S ç h n u l l i b l u b b e r .ç h (284)