Nach pflichtgemässem absingend der Heilandslieder und ablesen der
Moraltexte, war ich feist dahingedämmert, sehnsüchtig
Mitternacht erwartend. Plötzlich wurde aus einer Zeitung ein
Bericht über ein unlängst stattgefundenes Kuhfladenlotto
hinzugegeben. Hellwach tout le monde!
Die religiös getriebenen
gleich wie ich der Verabscheuer. Es oriflammte augenblicklich ein
leidenschaftliches Streitgespräch. in welchem der Niedergang der
Gesellschaft heraufbeschworen wurde. "Mein Gott!" und "So weit ist es
also schon!" wurden als Ausdruck des Entsetzens
in die Runde geworfen.
Wenn ich das richtig verstanden habe, wurde da eine Kuh, (die
schönste?) auf ein in vierhundert nummerierte Felder eingeteilte
Wiese gelassen und auf dasjenige Feld, auf welches sie schiss
(schoss?), war das Siegerfeld. Derjenige oder diejenige, der oder dem
die Nummer des Siegerfeldes vorher zugelost wurde, gewann eine Million
oder ein Tombolapreis.
Angeblich wurde die Kuh vorher mit Spezialkuhfladenlottofutter
gefüttert. Ich ärgerte mich insgeheim, nicht dabei gewesen zu
sein.
Normalerweise kann ich mich an solcherlei Unfug unendlich erfreuen und
laut "Mehr davon!" schreien. Es gelang mir aber nicht. Die Feierlaune
war
aufgebraucht. Der Niedergang der Gesellschaft ist unbestritten in
vollem Gange, der Planet im
Eimer. Das war mir aber egal und für
einmal nicht der Grund meiner angestaubten Laune.
Ich feierte gerade den Geburtstag eines Toten und das bereits zum
wiederholten Male. Wahrscheinlich feierte ich den Geburtstag dieses
Toten bereits öfter als meinen eigenen. Und ich lebe - wenigstens
noch (sollte mich nach der Veröffentlichung dieses Sermons nicht
der Blitz beim..).
Man soll ja gelegentlich Holz
alänge, aber mein sechstes Dezennium steht noch
jung vor mir ausgebreitet, ein wenig angeknabbert vielleicht aber
noch will es mit Schandtaten und Streichen gefüllt werden.
Zum Glück
war selbentags zuvor noch eine werschafte und zünftige
Geburtstagsfeier
eines Lebenden. Danke an alle Mütter, die an Weihnachten Freunde
gebierten.
Das religiöse Gejesusse ist ja so was von uninspiriert. Ein Totenkabinett
schafft es mit hanebüchenem Geschichtenfundus in unseren
Köpfen herumzuspuken. Unbefleckte Empfängnis, Martyrium
und Auferstehung, selbst die hartgesottensten Märchenerzähler
würden vor solcherlei Räuberpistolen zurückschrecken.
Wenn ich aber davon ausgehe, dass der Teufel
stets auf den gleichen
Haufen scheisst, kann ich mir das Verfüttern von
Spezialkuhfladenlottofutter und das Einteilen des Gottesackers in
vierhundert Felder getrost ersparen.
D J B r u t a l o @ S ç h n u l l i b l u b b e r.ç h