Pünktlich und plötzlich zur Vorweihnachtszeit ist das Land in ein dichtes Kleid aus Neuschnee
gehüllt. Verblüffenderweise fallen wir immer wieder darauf
herein und sind überrascht, dass so etwas möglich
ist. Alle Unwägbarkeiten fallen zusammen und alle Systeme
aus: Weihnachten (jedes Jahr früher) fällt zusammen mit der
Russenpeitsche (Wintereinbruch mit Ostfront) fällt zusammen mit
dem Fahrplanwechsel.
Die bedrohliche Schneedecke versteckt den übelriechenden Belag der
Herbsttage (Ginko) und heuchelt Geborgenheit. Wir gehen ihr
alljährlich und prompt auf den Leim.
Mit dem eingelagerten Haufen Wintersportgerät tauchen wir in sie
ein. Allerdings nicht in die Schneedecke, sondern erst einmal in die
Welt aus Velcro und
atmungsaktiver Funktionsbekleidung. Das Zeug hat ein Vermögen
gekosten und leuchtet im Schnee wie ein Trupp Polizisten bei einer
nächtlichen Verkehrskontrolle auf der Autobahn. Würde man die
Kleider nachts tragen, könnten Schwärme von Vögeln nicht
mehr schlafen und uns mit hängenden Lidern umkreisen.
Die Atmungsaktivität der Mikrofasern, aus denen die
Winterklamotten laminiert sind, hat unlängst das Mass des gerade noch
Erträglichen erreicht - wenn nicht gar überschritten. Aus den
Vereinigten Staaten ereilen uns Meldungen von Wintersportler, welche in
dem Zeug ersticken, weil ihre angeborenen Atmungsorgane aus Frust ihren
Dienst verweigern.
Wer vergisst vor dem einreihen in die Warteschlangen der
Wintersportanlagen, seine Velcro- und Klettverschlüsse zu
schliessen, läuft Gefahr für den Rest des Tages mit anderen
nachlässigen Wintersportlern zusammen zu kleben. Das
Verschlussmaterial wird von Jahr zu Jahr ausgeklügelter und weist
Festigkeiten auf, welche man beim Brücken- und Bohrinselbau antrifft. Nicht selten entstehen Knäuel aus Menschen die durch die Feuerwehr gerettet werden müssen.
Am Abend des ersten Wintersporttages, dem sogenannten Saisonbeginn,
sind wir froh lediglich leicht verletzt (die neuen Brotmesserkanten am
Snowboard massiv unterschätzt), aber doch am Leben zu sein.
Andere hatten weniger Glück. Andere begaben sich
unvernünftigerweise in die Innenstädte. Da wo die
verkaufsoffenen Sonntage grassieren gibt es kein Entkommen. An diesen
Orten wird bedingungslos mit dem Leben bezahlt.
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D J B r u t a l o @ S ç h n u l l i b l u b b e r .ç h (284)