«Die neue Esprit» steht in grossen weissen Buchstaben auf
ein blaues T-Shirt gedruckt, das im Schaufenster vom
Waschmaschinenhändler hängt, der gegenüber von meiner
Behausung seinen Geschäften nachgeht. Die neue Esprit. Eine
Waschmaschine mit Geist. «Ausgezeichnet! » rufe ich spontan
beim Anblick dieser Ankündigung aus. Da ich eh gerade seit zehn
Jahren eine neue Waschmaschine anschaffen will, stürze ich in den
Laden und lasse mir das Wunder der Technik vorführen.
Der Verkäufer merkt schnell, dass es mir schmerzhaft an der
Grundbegrifflichkeit moderner Waschmaschinen fehlt. Meine in die Jahre
gekommene TD400 stammt aus einer Zeit, als die Hersteller von
Haushaltgeräten noch wussten was Hausfrauen wünschen und wo
dienstags auf den öffentlich-rechtlichen noch regelmässig
neue Folgen von Dallas und Denver liefen. Die TD400 funktioniert mit
einem sog. Programmwahlschalter der die Programme
«Vorwäsche», «Hauptwäsche»,
«Schleudern» und «Aus» beherrscht.
Die neue Esprit wäscht nicht mit Programmen, ihr Ding sind
Algorithmen. Erzählt man mir. Algorithmen die intuitiv meine
individuellen Wünsche adaptieren, deep learnt und als Supplement:
haargenau weiss, wie lange ihre Händlergarantie läuft. Sie
ist die Speerspitze der künstlichen Intelligenz. Mir scheint, dem
Händler flögen bei seinem Verkaufsgespräch gebratene
Tauben aus dem Maul.
Natürlich habe ich sie ohne lange zu fackeln gekauft und in meine
Behausung gestellt. Mit Hilfe der zugehörigen Smartphone App kann
ich sie von überall auf der Welt steuern. Durch den eingebauten
GPS-Chip weiss ich im Gegenzug jederzeit, wo sich das Biest (ich habe
bereits eine persönliche Bindung zu ihr aufgebaut – nenne
sie liebevoll Biest, falls Sie wissen was ich meine) gerade verschanzt
hat. Hierbei darf man natürlich nicht kleinlich sein und bei der
Einrichtung der App diese Funktion deaktivieren. Der App musste ich auch Zugang zum
Adressbuch und zu den Bildern der Maschine gewähren. Wozu wird
sich noch zeigen, ich bin gespannt und darob völlig aus dem Häuschen.
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Woher kommt eigentlich dieser Begriff «künstliche
Intelligenz»? Können diese Maschinen nicht einfach bloss
– ohne Zweifel zuverlässiger als jeder Mensch –
Antworten auf Fragen finden, die in einer schier unüberschaubaren
Datenmenge stecken?
Ich frage mich aber, ob wir den Begriff «Intelligenz» nicht
erst dann verwenden dürfen, wenn diese Maschinen auch in der Lage
sind Fragen zu stellen? Neurosen zu bilden?
Mir ist schon klar, dass dieser Frage die Kleinlichkeit der
Bedenkenträgerei des in der Mitte der Gesellschaft ankommenden
Kleingeistes innewohnt. Auch klar ist mir, dass der Begriff
«künstliche
Intelligenz» von einer geradezu erotischen Ladung begleitet
wird, die einen Marketingmenschen in elektrische Erregung versetzt. Ach
was soll das Drumherumgerede: ihm einen Dauerständer beschert,
immer dann, wenn er mit diesem Begriff ein Produkt bis zur Unkenntlichkeit aufpumpen
kann.
In der öffentlichen Diskussion sind es offenbar auch Ängste,
die mit dem Begriff einhergehen. Ängste die so alt sind wie die
Industrialisierung: Die Maschine nimmt uns die Arbeit weg. (Sagte natürlich bereits der Heizer zur E-Lok) Da sage ich:
Soll sie doch, ich habe zu Hause eh besseres zu tun, anstatt zur Arbeit
zu fahren.
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Douglas Adams lieferte für meine Begriffe ein schönes
Exemplar künstlicher Intelligenz. Den depressiven Roboter Marvin.
Er hatte ein Gehirn von der metaphorischen Grösse eines Planeten
und wurde eingesetzt um Menschen zu bedienen, ihnen die Türen
aufzuhalten oder den Dreck hinterher zu räumen. Er wurde sehr
depressiv und nervte die anwesenden unentwegt mit Klage. Das ist klar
SciFi, aber ehrlich gesagt, werde ich meine Stirn erst dann in Falten
legen, wenn mir eine Maschine im Sinne Marvins auf den Sack geht. Punkt!
D J B r u t a l o @ S ç h n u l l i b l u b b e r.ç h