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15. Mai 2006
Fussball im Atomforschungslabor
Von rechts nach links lesen und schreiben geht ja ganz gut, dass aber
im "Westen" von links nach rechts Fussball gespielt wird, das scheinen
die Freunde aus dem Iran erst
noch lernen zu müssen. Spielmacher und Vizekapitän Alireza
(15) zeigt seinen Mitspielern kurz nach dem Anpfiff wo es lang geht in
der wolkenverhangenen Spiez-Arena.
Der FC Spiez im dunkelblauen Trikot hat seine Abwehrketten noch nicht
so recht für die WM geformt und den Iranischen Gästen geht
der Ball etwas leichter vom Fuss. Die Gastgeber werden mit fünf
Toren ohne Gegentreffer diskussionslos vernichtet.
Bereits in den Achzigerjahren musste der FC Spiez gegen die AF aus
Argentinien die Rübe hin halten. Maradona
kam damals ebenso wie gerade jetzt die Iraner, zu einem Aufbautraining
an den schönen Thunersee. Torhüter Bühler erinnerte sich
für uns an dieses historische Spiel in welchem das
Torverhältnis für den FC Spiez noch übler aussah, die
Spiezer allerdings ein Tor schossen. Ob die Südamerikaner bereits
in der Kabine waren als das Gegentor fiel, weiss man heute nicht mehr
so genau. Dankbar ist Bühler heute auf jeden Fall, dass er sich
damals nicht jedem Hammer von Maradona in die Flugbahn geworfen hat.
Dreizehn davon gingen so ins Netz, was ihm heute niemand mehr übel
nimmt.
Wie es sich gehört bei einem Länderspiel, ist auch in
Spiez das ganze diplomatische Korps angereist, um lautstark und
wimpelschwingend ihre Vorfreude auf die WM kundzutun. Nicht fehlen darf
bei solch einem wichtigen Spiel internationaler Tragweite, die
politische Komponente: In der ersten Halbzeit tragen deshalb zwei
Iraner ein Transparent vor den ausverkauften Rängen durch, auf
welchem die Forderung nach dem Recht
zur Nutzung der Kernenergie zu lesen ist.
Kurz zweifle ich daran, dass einer der vielen Kameraleute und
Scharfschützen, welche auf den Dächern plaziert sind, seinen
Lohn von FOX oder CNN bezieht. POTUS Bush also die Forderung mal wieder
nicht mitbekommt.
Einzig die ständige Mitgliedschaft Spiez' im UN-Sicherheitsrat
wird somit einen weiteren Krieg abwenden können.
Natürlich schreibt dann die
Lokalzeitung anderntags von der Partie - unfähig eine
ordentliche Reportage für Fussballfans zu redigieren - bloss und
umfangreich darüber, dass der Bolzplatz, auf welchem die Partie
stattfand, zu einer Forschungsanstalt für Atom- und Chemiewaffen
gehört. Weil aber in der Anstalt Forschungen betrieben werden,
welche die Folgen von solchen Waffen untersuchen, damit geeignete
Schutzmassnahmen getroffen werden können, gelingt es dem
Revolverblatt natürlich nicht, auch nur ansatzweise
Zusammenhänge mit dem Spiel FC Spiez gegen die FA Iran
herzustellen.
Wenn diese Woche nun nicht mehr viel passieren wird in der Welt und im
Berner Oberland, so bin ich mir sicher, dass sich die rasenden Reporter
an die Fersen der Iranischen Gäste heften werden um sie beim
Aufbautraining zu hindern. Ein besonders schlauer wird sich die Frage
stellen, warum beim Spiel am Samstag, bei welchem weit über
tausend Zuschauer und Zuschauerinnen anwesend waren- jawohl es waren
auch Iranische Zuschauerinnen anwesend! - kaum mehr Bier und Schweinsbratwürste
verkauft wurden, wie sonst bei einem Drittligaspiel.
Ich wünsche dem Iran auf jeden Fall noch mehr solch stressfreie
Erfolge - ohne die auf dem Nachhauseweg regelmässig zu Tode
getrampelten Fans.
Euer
D J B r u t a l o @ s c h n u l l i b l u b b e r . c h -
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Kommentare (2)
- Etwas Senf dazu?
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