Wenn man wochenlang mit dem Velo durch die Natur gurkt, fällt der
moderne Mensch, dessen Aufmerksamkeit normalerweise durch E-Mail, SMS und
Elektrizität aufrecht erhalten wird, schnell einmal in
einen
tranceähnlichen Stand-by Zustand und sinniert dämmrig an seinem
Dasein und dem
Drumherum herum. Schnell hat man ein paar Meilen abgespult, ohne sich
auch nur an das klitzekleinste Detail zu erinnern.
Die vielbesungene Freiheit wollte sich auf der neulich abgestrampelten
Schottlandtour nicht so recht einstellen. Einzig die
Verdauungsmaschine... Ein ausgeklügeltes System, bestehend aus
Modulen, Steuerelementen und Zustand-Ereignis-Phasen. Bekannt
dafür, in der lebensfeindlichen Umgebung
des Alltags ein devot gehorchender Kuscher zu sein, sah die Frage nach der Freiheit ein wenig
anders. Zur Präzision, ich spreche hier von einem programmierbares
Stück Natur,
dem man im Bedarfsfall - im Alltag eben - jegliche Freiheiten, jegliche
Willkür entziehen kann. In meinem juvenilen Alter setze ich
mühelos die Schranken.
Säfte werden nach einem festen
Zeitplan ausgetauscht, dazwischen sind die Schotten dich, die Schläuche zu: 09:00
Uhr Kaffee; 10:15 Uhr Blasengang; 12:00 Uhr Mittagessen;... 19:57
(unmittelbar nach Meteo) Abtritt uswf. Wo kämen wir da hin,
wenn man dauernd aus
den Meetings rennen müsste, um der Natur ihren Tribut zu zollen?
Es gibt nichts erniedrigerendes als der Arbeitskollege, der sich während
der Telko mit seinem Telefon unbemerkt auf den Brenner schleicht und
dort gezwungen wird, während dem Ausscheiden des
Gabelfrühstücks vom Wochenende, die Stummschaltung
aufzuheben, nur um zu bestätigen, dass er alles verstanden hat und keine weiteren Fragen hat.
Nach einem Tag auf dem Velo hatte Mme. Verdauung (der feine Herr) bereits alle
Hemmungen abgelegt und fühlte sich frei, als stäke sie in
einer Kuh: Schläuche auf Durchzug. Das charmefreie Miststück war nicht mehr unter
Kontrolle zu bringen und der spontane Gang in the bushies wurde zur
Regel. Kurze Ankündigungen der bevorstehenden Begehrlichkeiten
flogen mir - wenn überhaupt - als gasförmige Rudimente
um die Ohren.
Hier muss ich kurz erklären, dass ich, um unterwegs zu sein, wie
ein Käfer auf dem
Rücken in der Schale meines Liegerades strampelte. Der Arsch ist
sozusagen immer eine Nasenlänge voraus. Besonders der Denkkugel
mit all ihren Messgeräten. Die
unnatürliche (Steiss-)lage might be the reason der Implikationen. Muss aber nicht. Was auf dem Bürostuhl normalerweise leicht und
geräuschlos abgeblasen werden kann und im Äther des Grossraumbüros
verduftet - minergieP sei Dank - muss im Sattel sitzend, zur
Entledigung mit beachtlicher pneumatischer
Unterstützung vorgespannt werden. Eigentlich wollte ich hier
zur Anschauung ein kleines Schema zeichnen. Im tranceähnlichen
Stand-by Zustand des dämmrigen Dahinradelns erschien mir besagtes Schema nämlich bereits
vor meinem inneren Auge. Eine Illustration hätte es sein müssen, die sich stark an das Schema des Prozesses des
Viertaktverbrennungsmotors lehnte. So schwob es mir vor. (Mit dem Zweitakter bin ich auf
Kriegsfuss. Das Prinzip erschliesst sich mir bis heute nicht).
Stellt Euch also ein Liegeradfahrer im Profil vor, der mit vielen
verschieden farbigen Pfeilen dekoriert ist. Pfeile, die die ganzen
gasförmigen Bewegungen symbolisieren. Es sieht ein bisschen aus
wie Custers Angriffsplan auf dem Little-Bighorn. Pegelstände und
Füllmengen der Feststoffrakete, als welches dieses dynamische
System zweifellos auch bezeichnet werden könnte, und
gegenüber dessen es jedem Vergleich mühelos standhalten
würde, sind ebenfalls in der entsprechenden Farbe markiert. Keine
adiabatischen Zustandsänderungen. Zum Glück! (Kriegsfuss
ebenda). Und ein Nummerierungssystem à la...
Takt 1: Ansaugen
Die pneumatische Unterstützung, die zur erfolgreichen Abblasung
benötigt wird, wird durch beherztes Ansaugen von Aussenluft in die
Atmungsorgane aufgebaut. Luft anhalten und..
Takt 2: Verdichten
Über die galvanisch trennende Membrane (Zwerchfell?) zwischen Atmung und
Verdauung wird die pneumatische Unterstützung weitergegeben und
die Maschine kann..
Takt 3: Auspuffen
Das tödliche Gemisch strömet unter lautem Götöse in die
ex-geschützte Atmosphäre. Unschön anzusehen. Auraler Genuss: zweifelhaft
Takt 4: Weiteratmen
Dies ist zweifellos der delikateste Takt. Denn durch den
Verdichtungstakt
(Takt 2) ist die Regelmässigkeit der Atmung schmerzhaft ins
Stocken geraten
und muss schleunigst wieder ins Lot gebracht werden, will man letale
Folgen abwenden. Beherztes Einatmen ist gefragt. Der Pneuma der an
dieser Stell entsteht,
hat durch die Ausprägung (Länge/Breite/Höhe) des
Gesamtsystems leider immer zur Folge, dass grosse Mengen des in Takt
drei
abgeblasenen Gasgemischs unmittelbar wieder in den Körper gelangt.
Dieses Mal allerdings zur Filterung durch die Nüstern nostrils/nares in die Atemwege. Böse Zungen
bezeichnen diesen Takt respektlos auch als Nasentakt.
Da der Gesamtvorgang mit den implizierten olfaktorischen
Herausvorderungen für Mensch und Umwelt einhergeht, muss hier
leider ein erster bemerkenswerter Nachteil vom Liegerad eingeräumt werden.
D J B r u t a l o @ S ç h n u l l i b l u b b e r.ç h