Ein Volk von einig Brüdern (und erst viel später dann auch
noch Schwestern) wollen wir sein? Das Sittenbild eines zänkischen Bergvolkes in
Willensgenossenschaft.
Es mag sein, dass der Glanz der Tage, noch stark durchdrungen ist von
jenem legendären Besuch meinereinerseits in den Tiefen der
innersten Innerschweiz. Es mag aber auch durchaus sein, dass ich
einfach bloss dankbar bin, gesund und munter mit dem Leben
davon gekommen zu sein, und somit froh vor dem Rest meines Lebens stehe..
Als Ort des Geschehens, (auch und gerade: my own private
Rütliwiese) denke sich der oder die LeserIn auf den Kiesplatz auf dem Sonnenberg ob
Kriens (LU). Dort wo einst in der Blütezeit des unkontrollierten Tourismus, das sagenumwobene Hotel
Sonnenberg stand. Gereicht werden aurale Leckerbissen, vorgetragen von
einem amtlichen Musikantenstadl aus allr Hrrn Lndr.
Die Lautstärkeregler stehen festgeschraubt auf 12wölf, als
gäbe es keine
Präfekten oder Landvögte mit
Schalldruckpegeleinhalteverordnungen. Die Musik muss durch den Bauch
von innen an die Gehörwarzen, da die üblichen Röhren im
Kopf zur Gesangsaufnahme mit Schaumstoffzäpfchen, fest verschlossen
sind. Um die durch den Schaumstoff arg geweiteten Gehörgänge
zu regenerieren, werden in
isotonisch-regelmässigen Abständen Pausen eingelegt.
Abgewechselt wird dabei weltmännisch zwischen belebenden
Heissgetränken und
dem beliebten - Blümeranzen hervorrufenden - Hopfensprudel aus dem
Mehrwegplastikbecher.
Dass dem Einheimischen mit Vorsicht zu begegnen ist, ist klar. Mit der
Zeit werden jedoch die Sinne etwas trüb und die gebotene
Vorsicht lässt sich nur noch schwerlich walten. Der
unausweichliche Kontakt mit dem eingeborenen Volk ereignet sich jäh
im
Kaffeezelt. Ein wilder Haufen Innerschweizer enttarnt uns -
tapferen
Haufen bestehend aus Bernerin und Berner - anhand der Sprache die wir
sprechen. Man kommt ins Gespräch und wir entschuldigen uns schon
einmal wortreich und vorsorglich für die durch Bernerhandel erbrachte Schmach
der vergangenen Jahrhunderte. Wir sind uns sehr wohl bewusst darüber,
dass die Berner
lange Zeit den Rest der jungen helvetischen Eidgenossenschaft
systematisch dominiert, ja gar domestiziert hat und heucheln
Untröstlichkeit. Schliesslich halten wir uns zwar nicht gerade im
Feindesland auf, so doch wenigstens in der katholischen - uns mehr als unbekannten - Innerschweiz.
Da die Bewohner der innerschweizer Stände (Kantone, Halbkantone
und Waldstädte) einander sogar die hässlichsten Krankheiten
missgönnen, befindet sich der Auswärtige, den Nuancen der
Dialekte nicht mächtige, Zugereiste, auf verlorenem Posten, wenn
es darum geht die genauere Herkunft der Herrschaften zu erraten.
Ein Beherztes: "Und Ihr seid sicherlich aus Obwalden?" Kann schnell
einmal als das unmissverständliche Hinwerfen des Fehdehandschuhs
betrachtet werden, sollten die angesprochenen nicht aus Obwalden sein.
Dummerweise sind die Herrschaften aus Stans und somit aus dem Halbkanton
Nidwalden. Pech gehabt.
Der dumme Berner wird arg in den Schwitzkasten genommen und kriegt eine
Abreibung der besonderen Art in deren Verlauf er einiges lernen muss:
1. Der gemeine Obwaldner ist ein Verräter und Tschifeler
2. Der gemeine Jungnidwaldner ist beängstigend gut im Bilde, wenn es um die Eidgenössische Geschichte geht.
3. Beim Erklären des Begriffs "Tschifeler" (gemeiner Obwaldner)
verstricken sich die Herren Geschichtslehrer etwas in
Widersprüche.
Der Tschifel ist offenbar dem bernische Räf gleichzusetzen. Das
Räf in Nidwalden wiederum sei die Bezeichnung für eine
äusserst hässliche Frau. Dies wiederum kann von uns
Berndeutsch sprechenden ganz und gar nicht bestätigt werden. Ein
Räf sei durchaus auch die Bezeichnung eines bestimmten Typus Frau,
jedoch keinesfalls einer hässlichen. Vielmehr sei ein Räf (im Frausinn) -
und da wurde allenthalben gestaunt in der Ecke der Nidwaldner - eine
die ordentlich Haare auf den Zähnen hat. Ugs. für resches
Weib also.
Oder etwas modischer ausgedrückt: Eine Chuck Norris des schwachen
Geschlechts, die dem geneigten Mitglied des starken Geschlechts, noch
schnell einmal die Hühner einzutuen wisse.
Der Erklärung, weswegen nun aber die Obwaldner von den Nidwaldner
als "Tschifeler" bezeichnet werden, sind wir nicht im Geringsten
näher gekommen. Die Buben zieht's zur nächsten Darbietung auf
Haupt oder Zeltbühne und uns speist man kurzerhand mit einer mehr
als zweifelhaften Geschichte ab. In ihr treffen 1798 Napoleons Truppen
auf
Johann Heinrich Pestalozzi und schatzen Stans brand. Äusserst
unglaubwürdig.
Wir verarzten unsere Wunden und geben tunlichst darauf acht, dass wir
für den Rest der Kirchweihe, die Wege der Nidwaldner Horden nicht mehr kreuzen. Gefeiert wird noch
bis spät in den Morgarten, der eine oder andere Sonderbündler
wird dabei noch sein Leben lassen. Wir kommen mit dem Schrecken
und einer ordentlichen Tracht Tinitus davon.
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TTH kriegen ordentlich Sand ins Getriebe, wenn sie so weitermachen.
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D J B r u t a l o @ S ç h n u l l i b l u b b e r .ç h (250)