Ausgezeichnet! Der Herr Computer denkt nicht ans funktionieren, sondern
installiert wichtiges Flickwerk zur Beibehaltung der "Sicherheit".
Für mich normalerweise Anlass um zum Kühlschrank zu gehen,
mir ein Bierchen zu schnappen und in meinem Lieblingssessel eine kleine
Depression zu schieben oder alternativ dazu, zu kontemplieren.
Heute nicht. Heute nehme ich die genauso lästige wie willkommene Pause an und gehe in die Innenstadt, um den Plattenladen meines Vertrauens zu besuchen. Seit ich ein Smartphonesklave mit einer Allnetflat bin, sind diese Besuche selten geworden.
Ich also rein in den Laden und merke schon in den ersten Augenblicken
was das eigentlich bedeutet: Plattenladen meines Vertrauens. Eine
herzliche Begrüssung gefolgt von einem "he DJ ich habe da gerade
so eine neue Deutsche Band rein gekriegt, wo ich denke das könnte
dir gefallen". Ich so "ja" und er wieder "willst du mal
reinhören?".
Der Name der vermeintlich neuen deutschen Band sagt mir nichts und -
reinhören? Der Plattenladen ist dermassen knapp bemessen, dass
reinhören meistens mit Fusskrämpfen und
Hexenschüssen verbunden ist. "Lass gut sein, ich nehme sie und
hör zu Hause rein". Er dann, weil er mich ja, soweit ich mich
zurückerinnern kann, in Sachen Tonträger berät: "CD oder
Vinyl? - Vinyl dauert mindestens zwei Wochen, das gibt es nur als
Direktimport aus Japan". Da ich mir das Zeug auch gerne mal
rückwärts anhöre (ist so eine Schrulligkeit von mir)
bestelle ich die zwölfzöllige P.V.C.-Scheibe und verlass den
Laden.
Kaum bin ich wieder auf der Strasse, zuckt mein Tamagochitelefon in der
Herrenhandtasche. Eine reich bebilderte und betonte Mitteilung teilt mir
mit, dass soeben 4000 brandaktuelle Musiktitel meiner Musikwolke
hinzugefügt wurden und darauf warten von mir gehört, gefaved
und geteilt zu werden. Die Musikwolke heisst natürlich richtig
Creative Music Cloud und ist ein eingetragenes Markenzeichens meines
Mobilfunkanbieters.
Ich öffne das Menu meiner Musikwolke und suche die neue deutsche
Band, von der ich - es ist noch keine fünf Minten her - eine
Schallplatte (von einem anderen Stern) bestellt habe und stelle mit
Erleichterung fest, das sie nicht in die Wolke geblasen wurde.
Doppelspurigkeiten bereiten mir Unbehagen.
Jetzt aber schnell nach Hause, 4000 Musikstücke warten darauf, von
mir gewissenhaft gehört zu werden. 4000 mal durchschnittlich drei
Minuten, zuzüglich essen, schlafen und die
Bestätigungsfenster der Updates des Herrn Computers
bestätigen... Das dürfte im besten Falle in zwei Wochen
locker zu schaffen sein.
Gleich noch den Chef anrufen, dass er vierzehn Tage nicht mit mir zu rechnen hat.
D J B r u t a l o @ S ç h n u l l i b l u b b e r.ç h (290/24)