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19. Oktober 2015

I'm a loser baby

entering the dark age

Letzten Freitag, ein Tag vor dem Wahlwochenende, händigte mir ein junger Mann ein Flugblatt aus, auf welchem dazu aufgefordert wurde, tags darauf zum Antifaschistischen Nachmittagsspaziergang in der Berner Innenstadt zu erscheinen. Ich griff mir den Burschen reflexartig und nahm ihn mir im Brustton der Überzeugung zur Brust. Ob er denn nicht der Meinung wäre, an der Wahlurne, die gerade sperrangelweit geöffnet war, um das nationale Parlament neu zu bestellen, Veränderung zum Besseren herbei zu führen? Frug ich ihn. Sogar damit, faschistische Tendenzen im Keim zu ersticken probierte ich ihm den Segen des aktiven Wahlrechts schmackhaft zu machen.

Er ging auf keine brauchbare Diskussion ein, entwand sich meinem direktdemokratischen Würgegriff und scholl mich einen reaktionären Spiesser und Mitläufer.

Sonntags sass ich dann in meinem kleinbürgerlichen Spiessergehäuse und hörte mir im Nachrichtenkanal die ersten Hochrechnungen an. Es sah nicht gut aus. Das wusste ich bereits. Aber auch wenn sie letztlich und unverbrüchlich stirbt, lichtert das verlogene Luder Hoffnung noch lange umher und trübt die Sinne.
Die frei von jeglichen Tanninen und Beerenaromen, und somit gänzlich strukturlose Flasche Wein, war schnell geleert. Zum Glück, denn die Reden der Wahlsieger ertrug man nur mit diesem wattigen Stossdämpfer, den Freund Alkohol so ausgezeichnet zu erzeugen vermag. Kronkorken hin oder her.
Ich kannte die Gestalten ja eigentlich nur von Plakatwänden herabgrinsend und nun mischte das Radio auch noch Stimmen hinzu zu diesen stummen Bildern von meist fischig daherkommenden Lachgesichtern. Euphorisiert durch ihren Wahlsieg nehmen sie kein Blatt vor den Mund und erklären wie sie aus der Schweiz in der nun kommenden Legislatur ein Hochsicherheitsgefängnis machen wollen. Ich riss das Kabel aus der Wand und legte mich schlafen.

Heute steht in der Zeitung, nebst der erwarteten Wahlbeilage mit vielen unnützen Analysen, in einer kurzen Depesche den Antifaschistischen Nachmittagsspaziergang vom Samstag betreffend: Linksaktivisten haben sich in Bern ein Katz- und Mausspiel mit der Polizei geliefert.

Ich erinnerte mich natürlich wieder an den jungen Mann vom Freitag. In der Zwischenzeit wusste ich allerdings, dass ich mit meiner spiessbürgerlichen Art, aktiv an der Wahl teilgenommen zu haben gerade so wenig erreicht habe, wie die Linksaktivisten in den Gassen Berns. Doch halt! Mich beschlichen Zweifel, hatten die "Chaoten" nicht wenigstens ihren Spass dabei? Katz- und Mausspielen mit der Polizei.. Wie geil muss das denn sein?

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D J B r u t a l o @ S ç h n u l l i b l u b b e r.ç h (310/38)

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